für die meisten von uns ist "ich weiss es nicht" eines der beängstigendsten gefühle überhaupt. es führt oft dazu, dass wir uns unangenehm, ungewiss, unwohl und unsicher fühlen, weil wir uns in diesen momenten jenseits, oft weit jenseits, unserer komfortzone befinden. da die komfortzone per definition das ist, woran wir gewöhnt sind, wo wir wissen, wie die dinge funktionieren, und wo die dinge so sind, wie sie sein sollten, ist es leicht, sich sorgen zu machen, sobald wir sie verlassen. unser gehirn scheint diesen ständigen, tief verwurzelten wunsch zu haben, alles zu wissen, und wenn wir das gefühl haben, etwas nicht zu wissen, kann ein sich ständig beschleunigendes gedankenkarussell entstehen, das kaum zu stoppen ist. die sorgen, die damit verbunden sind, können sich anfühlen wie gift, das sich im magen zusammengebrüht hat und ins blut gesickert ist. es ist also besser, nie so weit zu gehen, und das, was uns ein schlechtes gefühl gibt, sofort wieder in etwas bekanntes zu verwandeln, oder?
eine solche dynamik kann sich im leben auf mehrere verschiedene arten zeigen. manchmal, wenn wir etwas nicht wissen, haben wir einfach ein starkes gefühl, dass etwas nicht stimmt, und wenn es stark genug wird, reagieren wir impulsiv und ohne nachzudenken. das sind die menschen, die wilde haare, klappernde zähne und wackelige beine haben. sie haben so viel angst, dass ihnen die gelassenheit fehlt, zu beobachten, und so reproduzieren sie normalerweise die vergangenheit, weil die gegenwärtige situation "genau so" ist wie etwas, das sie früher einmal erlebt haben. wenn wir also die unsicherheit und das unwohlfühlen des nichtwissens automatisch mit "irgendetwas stimmt nicht" interpretieren, reagieren wir auf autopilot. wenn wir hingegen wahrnehmungsfähig, bewusst und achtsam sein wollen, müssen wir in der lage sein, das nichtwissen zu ertragen, ohne das gefühl zu haben, dass deshalb etwas falsch ist.
manchmal, wenn situationen des nichtwissens auftreten, merken wir tatsächlich, dass es nicht nur eine automatische interpretation gibt, sondern mehrere mögliche bedeutungen, aber wir können nicht sagen, welche davon wahr ist, was wiederum zu unsicherheit und unbehagen führt. diese leute laufen in ihren büros heruml, tigern von einer ecke zur andern, während sie vor sich hinmurmeln. diese situation ist meistens einfach auf einen mangel an informationen zurückzuführen, weil das vollständige bild noch nicht aufgedeckt worden ist. in diesem fall ziehen wir uns häufig zurück und nehmen uns aus der sache heraus, was uns natürlich daran hindert, jemals etwas zu lernen. deshalb ist es wichtig, die spannung des nichtwissens auszuhalten, bis mehr informationen gefunden werden können oder die situation klarer wird.
am gefährlichsten ist jedoch eine "ich weiss alles, ich kenne die welt und meine sichtweise ist richtig"-haltung, durch die wir nicht einmal erkennen, dass wir eigentlich nichts wissen. jeder kennt solche menschen, es sind die eingebildeten mit den lauten stimmen, den glänzenden schuhen und den schnellen autos. diese art von haltung ist eine angstbasierte, pauschale strategie, um unsicherheit zu verhindern. sie entspringt nicht wahrer weisheit und innerer gefestigtheit, sondern dem gefühl von unsicherheit und angst. wenn wir standardmässig recht haben, werden wir blind für andere perspektiven und andere seiten der geschichte, und das kann leicht dazu führen, dass unser denken und handeln starr und unflexibel wird. in diesem geistigen zustand wird die "welt, die ich kenne" automatisch immer wieder nachgebildet, ohne die chance, dass sich jemals etwas ändert.
und wahrscheinlich haben wir alle irgendwo innere minikopien von ihnen versteckt, die in unserem leben chaos stiften.
zum beispiel in beziehungen: wenn wir glauben zu wissen, was wir tun, werden erwartungen geweckt. was auch immer für eine situation eintritt, da das aufgeblasene, eingebildete mini-ich "weiss, wie es funktioniert", wissen wir auch, wie die andere person reagieren wird, also erwarten wir es von ihr. und von da aus ist es kein grosser schritt mehr, genau dies einzufordern. aber es kann sehr gut sein, dass die andere person nicht so handelt, wie wir es erwarten. jeder mensch ist einzigartig und verhält sich auf seine ureigene art und weise. es kann sein, dass uns tatsächlich die volle liebe, fürsorge und aufmerksamkeit geschenkt wird, aber weil dies nicht in der form geschieht, in der wir es erwarten, erkennen wir es nicht. und anstatt dankbar zu sein, beschuldigen wir die andere person, uns nicht zu lieben. das kann in einer romantischen beziehung passieren, aber genauso gut in jeder anderen art von beziehung.
all diese probleme gehen auf ein einfaches gefühl zurück: angst. irgendetwas ist passiert, und wir haben angst vor ungewissheit oder vor unbehagen, weil wir uns an den status quo gewöhnt haben. das bedeutet, dass wir angst vor jeder art von veränderung haben und sie deshalb verhindern.
aber diese kleinen mini-ich's, mit all ihrer energie und kreativität, sind auch zu anderen dingen fähig als nur zu chaos. mit liebe und mitgefühl und vor allem neugier können sie zu kleinen helfern werden. denn neben der angst gibt es noch eine andere mögliche reaktion auf "ich weiss nicht": neugierig und wissbegierig zu sein. wenn wir es schaffen, wissenschaftler und forscher unseres eigenen lebens zu werden, werden die mini-ich's zu unseren treuesten verbündeten.
wissenschaftler und forscher wissen per definition nichts. sie denken sich eine frage aus, die sie interessiert, auf die sie aber keine antwort wissen. und dann sammeln sie neue informationen. egal, was sie finden, sie beobachten neugierig, ohne zu urteilen, und forschen weiter, immer auf der suche nach dem unbekannten. sie gehen hinweisen nach, die oft von den mini-ich's kommen, hören sich deren geschichten an und überprüfen sie auf ihre richtigkeit. sie kaufen sie ihnen nicht einfach ab, sondern setzen sich mit ihnen zusammen, und dadurch werden sie aufgeschlossen, weitsichtig und weise. anstatt angst vor neuen erfahrungen und unwissenheit zu haben, sehen wissenschaftler das grosse unbekannte als ein feld voller potenzial. und daraus schaffen sie veränderungen.
und das coole daran ist, dass diese art zu sein nicht nur den wissenschaftlern vorenthalten ist. sie funktioniert für uns alle. auf diese art kann jeder einzelne von uns veränderung herbeiführen. und das verändert schliesslich auch die welt.
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